Ablauf der Scheidung
Allgemeines
Nachdem die Ehe gescheitert ist, stellt sich für viele Ehegatten die Frage, wie das Scheidungsverfahren abläuft. Dies hängt davon ab, ob es sich um eine einvernehmliche oder streitige Scheidung handelt. Die einvernehmliche Scheidung verläuft in der Regel recht schnell. Der Scheidungstermin beim Familiengericht kann meist nach wenigen Minuten erledigt sein. Hingegen bei der streitigen Scheidung mit Folgesachen, wie z.B. Unterhalt, Umgangsrecht für die Kinder oder der Zugewinnausgleich, ist es etwas komplizierter. Trotzdem bestehen bei einvernehmlicher und streitiger Scheidung viele Gemeinsamkeiten.
Der Scheidungsantrag
Eine Ehe kann in Deutschland nur durch richterliche Entscheidung geschieden werden. Die Ehe besteht rein rechtlich auch nach dem Tod eines Ehegatten fort und wird nicht “durch Tod geschieden”.
Voraussetzung einer jeden Scheidung ist es, dass die Ehe gescheitert ist. Das bedeutet, dass die Lebensgemeinschaft unter den Ehegatten nicht mehr besteht und auch nicht zu erwarten ist, dass die Ehegatten die Ehe fortsetzten mächten. Diese Voraussetzungen müssen im Scheidungsantrag dargelegt werden und gegebenenfalls nachgewiesen werden. Im Scheidungsantrag muss daher der Zeitpunkt der Trennung vorgetragen werden. Der Richter darf die Scheidung erst aussprechen, wenn die Ehegatten seit der Trennung mindestens einem Jahr getrennt leben.
Auf das Verfahren der Scheidung können die Ehegatten nur bedingt Einfluss nehmen, da vieles gesetzlich genau geregelt ist. Einfluss genommen werden kann nur insoweit, als eine Scheidungsfolgenvereinbarung getroffen werden soll, in der alle Scheidungsfolgen geregelt werden. Damit sollen strittige Auseinandersetzungen möglichst vermieden werden. Jeder Streit verzögert nämlich die Scheidung im Ablauf.
Um das Scheidungsverfahren in Gang zu setzten, muss ein Scheidungsantrag beim Amtsgericht des letzten gemeinsamen Wohnsitzes der Ehegatten eingereicht werden. Dies darf nur durch einen Rechtsanwalt geschehen, da bei den Familiengerichten von Gesetzes wegen Anwaltszwang besteht. Sie selbst können alleine keine Anträge stellen.
Vorab müssen die Gerichtskosten an das Gericht gezahlt werden. Wer hierzu nicht in der Lage ist, kann ein Verfahrenskostenhilfe (VKH) beantragen. Dann übernimmt der Staat die Verfahrenskosten und der antragstellende Ehegatte brauchen dann nichts zu zahlen. Allenfalls kann die anztragstellende Partei verpflichtet werden, die vom Staat verauslagten Verfahrenskosten ratenweise an den Staat zurückzuzahlen, soweit es die wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. Wird die Scheidung ausgesprochen, verpflichtet das Gericht den anderen Ehegatten regelmäßig, die Hälfte der Gerichtskosten zu zahlen, so dass die antragstellende Partei die Hälfte der Gerichtskosten zurückerhält.
Zustellung an den anderen Ehegatten
Der Scheidungsantrag wird an den anderen Ehegatten vom Gericht förmlich zugestellt, sobald der Scheidungsantrag sowie die Gerichtskosten beim Familiengericht eingegangen sind.
Das Gericht setzt dem anderen Ehegatten eine Frist, in der er sich zum Scheidungsantrag zu äußern hat. Der andere Ehegatte kann dem Ehescheidungsantrag zustimmen, ihn ablehnen oder mit Hilfe eines eigenen Rechtsanwalts einen eigenen Ehescheidungsantrag stellen.
Ein eigener Ehescheidungsantrag hat den Vorteil, dass das Gericht auch dann über die Ehescheidung beschließen muss, wenn der antragstellende Ehegatte es sich doch anders überlegt und seinen Scheidungsantrag zurückzieht. Wenn dem Ehescheidungsantrag nur zugestimmt wurde, besteht keine Möglichkeit mehr, dass die Scheidung ausgesprochen wird. In diesem Fall müsste erst ein neuer Scheidungsantrag gestellt werden. Dadurch kann sich die Scheidung ewrheblich verzögern, da das Gericht dann erst einen neuen Scheidungstermin anberaumt.
Der Versorgungsausgleich
Weiterhin übersendet das Gericht an die beiden Parteien Formulare zur Durchführung des Versorgungsausgleichs. Diese Formulare müssen ausgefüllt, unterschrieben und an das Gericht zurückgeschickt werden. Wenn die antragsgegnerische Partei dem Scheidungsantrag nur zustimmt, wird für die Durchführung des Versorgungsausgleichs keinen eigenen Rechtsanwalt benötigt. Es genügt, wenn das vom Gericht übersandte Formular selbst ausgefüllt wird.
Das Gericht reicht diese Formulare an die jeweiligen Rentenversicherungsträger (BfA, LVA, LBV, Arbeitgeber) weiter, welcher dann die Rentenanwartschaften berechnet.
Wenn der Rentenversicherungsträger ausgerechnet hatn, wie viel Rentenansprüche jeder Ehegatte während der Ehe erworben hat, bestimmt das Gericht einen Scheidungstermin.
Der Scheidungstermin
Beim Scheidungstermin müssen im Regelfall beide Ehegatten persönlich anwesend sein. Dies ist daher anders als in anderen zivilrechtlichen Verfahren, in denen sich die Parteien auch durch den Rechtsanwalt vertreten lassen können. Die Ehescheidung kann allenfalls in begründeten Ausnahmefällen (z.B. dauerhafte Verhinderung, Unzumutbarkeit aufgrund der Entfernung zum Wohnort) ohne die gleichzeitige Anwesenheit beider Ehegatten im Termin erfolgen. Ggf. kann das Gericht die Anhörung auch durch einen ersuchten Richter am Wohnort des Ehegatten anordnen. Daher ist es derzeit kaum möglich, dass eine reine Online-Scheidung durchgeführt wird. Neuerdings gibt es vereinzelt auch Fälle, in denen ein Ehegatte per Videokonferenz zugeschaltet wurde.
Im Termin fragt das Gericht beide, seit wann die Parteien getrennt leben, ob beide geschieden werden wollen und wie hoch das jeweilige Netto-Einkommen ist. Nach dem Einkommen berechnen sich die Gerichtsgebühren und Anwaltsgebühren.
Alle persönliche Angelegenheiten und ggf. der Grund der Scheidung kommen nur dann zur Sprache, wenn ein Ehegatte nicht geschieden werden will und sich gegen die Scheidung wehrt. Das Gericht darf die Scheidung nur aussprechen, wenn die Parteien seit mindestens einem Jahr getrennt leben. Ist dies nicht der Fall, muss die Verhandlung ausgesetzt werden. Die Scheidung kann aber nicht mehr werweigern werden, wenn die Parteien seit drei Jahren getrennt leben. Dann gilt eine unwiderlegbare Vermutung, dass die Ehe gescheitert ist.
Bis zum Ende der Verhandlung über die Ehescheidung kann jede Parteie noch weitere Anträge stellen, z.B. zum Umgangsrecht, zum Unterhalt, zum Sorgerecht oder zum Zugewinnausgleich. Voraussetzung, um Anträge stellen zu können, ist aber, dass die Parteie anwaltlich vertreten ist. Selber können Parteien beim Familiengericht keine Anträge stellen. Ist eine Partei anwaltlich nicht vertreten, kann die Partei der Scheidung nur zustimmen oder diese ablehnen.
Vor dem Scheidungstermin sollte bereits eine Scheidungsfolgenvereinbarung getroffen und diese Vereinbarung notariell beurkundet werden. Dies beschleunigt die Scheidung. Vor allem vermeidet eine solche Vereinbarung Streitigkeiten und verhindert, dass ein Ehegatte, welcher noch unschlüssig ist, plötzlich andere Wünsche vorträgt und dadurch die Scheidung verzögert wird.
Wenn keine Scheidungsfolgenvereinbarung geschlossen wurde, können sich die Parteien im Gerichtstermin immer noch über zu regelnde Punkte vergleichen. Das Gericht wird diesen Vergleich dann protokollieren. Dieses Verfahren ersetzt die notarielle Beurkundung einer Scheidungsfolgenvereinbarung, allerdings mit dem Risiko, dass eine Einigung über vielleicht noch streitige Punkte im mündlichen Beratungstermin schwierig sein kann.
Wenn eine Parteien mit einem Antrag des anderen Ehegatten, z.B. diesem das alleinige Sorgerecht fü die gemeinsamen Kinder zu übertragen, nicht einverstanden ist, muss das Gericht die Verhandlung vertagen. Es besteht dann die M&oouml;glichkeit, die zu regelnde Angelegenheit zu überlegen und sich zu dem Antrag zu äußern. Dann allerdings muss ein Rechtsanwalt beauftragt werden.
Wenn weitere familienrechtliche Angelegenheiten geregelt werden sollen, muss dies möglichst früh beantragt werden. Es wird erst dann ein Scheidungstermin angesetzt, wenn sich über die streitigen Punkte geeinigt wurde und das Gericht in der Lage ist, ein Urteil zu fällen. Das Familiengericht ist von Gesetzes wegen verpflichtet, alle mit der Scheidung verbundenen und streitigen Scheidungsfolgen im Zusammenhang mit der Scheidung selbst zu regeln und möglichst keine Scheidungsfolgen offen zu lassen. Das Gericht kann im Ausnahmefall die Scheidung dennoch aussprechen und eine Scheidungsfolgensache gesondert verhandeln.
Das Scheidungsurteil/Der Scheidungsbeschluss
Sind alle zu regelnden Angelegenheiten geklärt, wird das Gericht in Anwesenheit beider Ehegatten die Ehe scheiden. Gegen diesen Beschluss (nicht Urteil!) kann innerhalb eines Monats Berufung eingelegt werden. Am Ende des Scheidungstermins besteht allerdinsg auch die Möglichkeit, auf Rechtsmittel zu verzichten.
Wenn auf Rechtsmittel verzichtet wird, wird die Scheidung sofort rechtskräftig und damit wirksam. Alle Folgen der Ehescheidung treten dann sofort ein. Verzichten die Ehegatte hingegen nicht auf Rechtsmittel, wird die Scheidung erst nach Ablauf von einem Monat wirksam, sofern kein Rechtsmittel eingelegt wird.
Um auf Rechtsmittel zu verzichten, benötigt jede Partei einen eigenen Rechtsanwalt. Falls eine Parteie nur als Antragsteller durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, kann sich für den Ehegatten ggf. ein Rechtsanwalt auf dem Gerichtsflur oder dem Anwaltszimmer kurz beim Gericht als anwaltlicher Vertreter bestellen. Dieser Rechtsanwalt kann dann den Rechtsmittelverzicht für die antragsgegnerische Partei erklären. Dieses Verfahren ist üblich und wird täglich so praktiziert. Allerdinsg sind die Gebühren in der Regel so hoch, als wäre der Anwalt vorher beauftragt worden.
Wenn das schriftliche Scheidungsurteil zugesandt wurde und keiner der Ehegatten Berufung einlegt, ist das Scheidungsverfahren beendet. Ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung ist eine erneute Heirat möglich.